Die Bündelung von Klagen ist in Deutschland dennoch möglich
Bonn, den 4. Oktober. 2010. EU-Justizkommissarin Viviane Reding hat angekündigt, die Pläne der Europäischen Union, die Sammelklage zuzulassen, vorläufig nicht zu beschleunigen. Der Grund: Sie fürchtet, dass krisenbedingt angeschlagene Unternehmen durch milliardenschwere Schadenersatzforderungen zu sehr belastet werden könnten. In Deutschland ist eine Bündelung von Klagen dennoch rechtlich möglich. Darauf weist der juristische Finanzdienstleister FORIS AG mit Sitz in Bonn hin.
„Es handelt sich dabei um die so genannte ‚Objektive Klagehäufung' nach § 260 der Zivilprozessordnung", erklärt Professor Dr. Ulrich Tödtmann, Vorstand der FORIS AG und Honorarprofessor an der Universität Mannheim. Das Prinzip: Ein Vertreter ruft Geschädigte gezielt dazu auf, als Gruppe aktiv zu werden und ihre Rechte an ihn abzutreten. Der Vertreter zieht dann im Namen der Geschädigten vor Gericht - im Falle eines Sieges erhalten diese eine Entschädigung. Diese Vertreterfunktion können in Deutschland rechtlich gesehen nur Verbraucherschutzvereine oder Rechtsanwälte übernehmen.
Bislang haben Verbraucherschützer hierzulande solche Massenaktionen kaum initiiert - wegen des hohen Prozessrisikos und des enormen Aufwands. Das materielle Risiko lässt sich allerdings durch das Einschalten eines Prozessfinanzierers abfedern: „Die juristischen Dienstleister finanzieren sämtliche Honorare und Gutachten", erklärt Tödtmann. „Und im Falle einer gerichtlichen Niederlage übernehmen sie auch die Prozesskosten sowie die Kosten der Gegenpartei." Im Gegenzug erhalten Prozessfinanzierer bei einem siegreichen Verlauf eine Erfolgsbeteiligung, die in der Regel zwischen 10 und 30 Prozent liegt.
Dass sich das Instrument der ‚Sammelklage' im Interesse des Verbraucherschutzes sinnvoll nutzen lässt, ohne dabei zugleich in amerikanische Verhältnisse mit Schadenersatz in Milliardenhöhe abzudriften, zeigt der Blick nach Österreich. „Wir haben dort bereits seit 2001 mehrere solcher Sammelklagen mit dem Verein für Konsumenteninformation (VKI) erfolgreich durchfechten können", sagt Dr. Gerrit Meincke, Leiter Prozessfinanzierung der FORIS AG. Der VKI, das Pendant zu den deutschen Verbraucherzentralen, hat in den vergangenen Jahren so für rund 7.000 Verbraucher Ansprüche in Höhe von insgesamt 21 Millionen Euro durchgesetzt. So konnte der VKI beispielsweise durch eine Sammelklage für rund 700 Kreditnehmer die Herausgabe von zuviel bezahlten Kreditzinsen gegen die BAWAG P.S.K. Gruppe geltend machen. Die Zinsanpassungsklauseln der verschiedenen Verbraucherkredite, die die beklagte Bank vereinbart hatte, erwiesen sich in allen Fällen als gesetzeswidrig.
„Wir halten diese Form der ‚Sammelklage' - die nichts anderes als eine ‚Objektive Klagehäufung' nach deutschem Prozessrecht ist - für ein probates Mittel, Verbraucherschutzrechte zu stärken. Hier unterstützen wir als Prozessfinanzierer gerne aussichtsreiche Klagen", so FORIS-Vorstand Tödtmann. Schützenhilfe wünscht sich der Jurist dennoch vom Gesetzgeber: „Im Sinne des Verbraucherschutzes sollten die Massenverfahren endlich gesetzlich geregelt werden." Jedes Jahr verzichteten tausende von Privatpersonen auf ihr gutes Recht, weil sie das Risiko scheuen, das ein Gerichtsprozess mit sich bringt. „Für die Verbraucherschutzverbände bedeutet es einen hohen Aufwand, Geschädigte gezielt dazu aufzurufen, sich als Gruppe aktiv an einer solchen Sammelklage zu beteiligen und dem Gericht bereits vor Prozessbeginn eine Liste mit den Namen jedes einzelnen Klägers vorzulegen", so Tödtmann. Hier sind die EU und der deutsche Gesetzgeber gefragt, Verbraucherschützern oder staatlichen Stellen das Sonderrecht einzuräumen, im Namen von Opfern klagen zu dürfen, ohne vorab jeden Einzelkläger zu benennen.